Bauschäden, was nun?

von Marco Tornarolli M. Sc.

Marco Tornarolli M. Sc.: Bauphysiker und Inhaber bei MT Expert Ingenieurbüro für Bauschadenanalysen, Bauphysik und Bautenschutz

Einer Studie der ETH zur Folge hat eine Umfrage des Schweizerischen Baumeisterverbands ergeben, dass etwa 1.6 Milliarden Franken jährlich für Mängelbehebungen im Hochbau eingesetzt werden. Dies entsprach zum Zeitpunkt der Ermittlung im Jahr 2012 etwa acht Prozent der jährlichen Bauinvestitionen im Hochbau. Nach heutigem Stand können diese Zahlen als Ansatz herangezogen werden.

Rund 60 Prozent der vorgefundenen Baumängel lassen sich auf mangelhafte Wasserdichtigkeiten an der Gebäudehülle zurückführen. Ausserdem sind von den festgestellten Mängeln etwa 60 Prozent durch Ausführungsfehler auf der Baustelle verursacht worden. Rund 20 Prozent lassen sich auf Planungsfehler zurückführen und weitere sechs Prozent erfolgten durch eine mangelhafte Bauleitung. In diesem Fall entstanden die Mängel aufgrund von Undichtigkeiten beziehungsweise fehlerhaften Ausführungen von Abdichtungen und zeigten sich unter dem Terrain, auf Balkonen, auf Terrassen und auf Dachkonstruktionen. Die übrig gebliebenen 14 Prozent lassen sich den restlichen, am Bauwerk beteiligten Personen zuordnen.

Als Experte für Bauphysik und Bautenschutz stelle ich mir immer wieder die Frage, welche fachlichen Qualifikationen bei den Unternehmungen vorliegen. Wenn ich mir die Zahlen anschaue, kann davon ausgegangen werden, dass in 80 Prozent der Fälle die Planung keinen Beitrag zu den Baumängeln leistete. Im Wesentlichen sind die Ausführenden dafür verantwortlich. Aber liegt es nun an der Qualifikation entsprechender Unternehmungen? Ich denke, es liegt an mehreren Faktoren.

Zum einen ist die Lage der Rechtsordnung so aufgestellt, dass der Handwerksunternehmer letzten Endes für sein Gewerk vollumfänglich haftet. Selbst wenn der Planer andere Vorgaben stellt, liegen Prüfpflicht und -verantwortung beim Unternehmer selbst. Genau in diesem Punkt erfolgt oftmals eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten: Entweder führt der Handwerker keine Prüfungen durch, um das Vorwerk zu kontrollieren, oder es ist wirklich Unwissenheit in Bezug auf seine Arbeit. Liegt das am Fachkräftemangel oder stecken andere Ursachen dahinter? Nicht nur die Unternehmer zeigen ihre Wissensschwierigkeiten. Auch die zugrundeliegenden schweizerischen und europäischen Normen lassen teilweise derart grosszügigen Interpretationsspielraum, dass unwissende Unternehmer Fehler begehen können. Damit erhöht sich der handwerkliche Spielraum, und Fehlerquellen werden eher provoziert als reduziert.

Auch hier hat uns das Zauberwort Fachkräftemangel bereits mehr als eingeholt. Im September 2018 waren gemäss der öffentlichen Informationsträger noch immer mehr als 2᾽500 Lehrstellen im Bauwesen speziell im Hochbau unbesetzt. Dies hatte zur Folge, dass im Fernsehen bereits um Nachwuchs geworben wurde. 

Ich bin der Meinung, dass die Verantwortlichkeiten im Bauwesen an die Planer angepasst werden müssen. Es würden durchaus weniger Fehler durch handwerkliches Unwissen entstehen, wenn die Verantwortlichkeit nicht beim ausführenden Unternehmer läge. Für Ersteller und Bauherren ist es daher wichtig, sich durch fachkundige Planende oder aber auch Experten aus dem Bauwesen während einer Sanierung und oder einer Neuerstellung beraten zu lassen. Dadurch lassen sich Ausführungsfehler früher als normal verhindern oder aber auch rechtzeitig erkennen und sanieren. 

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