VOM SCHEITEL BIS ZUR SOHLE

Von Beat Hürlimann

Männer warten 22 Wochen ihres Lebens auf ihre shoppenden Begleiterinnen, sprechen mit Zimmerpflanzen, erben die Glatze von der Mutter, wirken ohne Anzug weniger sexy, benötigen 20 Minuten fürs Kofferpacken und leben vier Jahre weniger lang als Frauen. Probleme, für die es an der Man’s World für (fast) alle mindestens eine tolle Lösung zu bestaunen gab.

Vom 31. Januar bis 3. Februar bot die Man’s World in den restaurierten Fabrikhallen des StageOne auf 2 500 Quadratmetern eine, wie es auf zuerich.com hiess, Spielwiese für Männer. In der Tat, wo einst Industriearbeiter schwitzend im Overall Züge und Turbinen zusammenbauten, wurden Blackjack, Dart und Pacman gespielt. Der Fokus unseres Besuchs aber lag auf den vielen tollen Angeboten für stilbewusste Männer. Es gab etwas für alle Partien, vom Scheitel bis zur Sohle.

Schuhe nach Mass
Dominik Risch ist gelernter Schuhmacher und Erfinder des Risch-Massschuh-Konzeptsmit der Foot-DNA: «Wir scannen den Fuss einmal und der Kunde kann sein Leben lang via Onlineshop von überall her auf der Welt passende, mit pflanzlich gegerbtem Kalbsleder gefertigte Schuhe bestellen», erklärt Risch und führt weiter aus: «Wir verbinden Handwerkskunst und nachhaltige Produktion mit der Digitalisierung.» Auf die Frage nach kommenden Trends antwortet er: «Die grosse Sneaker-Welle hält an, aber wir sehen Vorboten einer Trendwende hin zur Galanterie.» Inspiration holt sich Risch bei jüngeren Mitarbeitenden, die am Puls der Zeit sind, sowie von denInputs der über 10’000 Kunden.

Perfekt sitzende Hosen
Die ETH-Ingenieure Michael Berli und Andreas Guggenbühl haben 2013 das Label Selfnation gegründet. Berli erinnert sich: «2013 beim Shoppen mit Freundinnen haben wir gemerkt, dass shoppen sehr mühsam ist, worauf wir mit einer Designerin aus Berlin überlegt haben, wie wir die perfekt sitzende Hose machen können.» Heute produzieren die beiden in der Schweiz massgeschneiderte Hosen mit Stoffen aus umliegenden Ländern. Guggenbühl präsentiert uns die Zero-Waste-Selvedge-Hose: «Der Selvedge-Stoff dieser Hose wird zu 100 Prozent aus nachhaltigen Materialien in einer Weberei in Italien gefertigt. Wir bereiten den Schnittabfall aus dem Webprozess wieder auf und bringen ihn in den Prozess des Webens wieder rein. Das macht diese Selvedge-Hose zum Zero-Waste-Produkt.»

Ganz von den Socken
Bunt ist beautiful, haben sich drei Freunde aus Zürich gesagt, als sie von einer Reise mit vielen farbigen Eindrücken zurückkehrten und gründeten 2013 das Sockenlabel DillySocks. Mitarbeiterin Maren Scheppach trägt an der Man’s World Avocados-Design: «Die kunterbunten Socken werden in der Schweiz designt und in einem Familienbetrieb in Portugal aus hochwertiger europäischer Baumwolle unter dem STANDARD 100 by OEKO-TEX® produziert», erklärt sie.

Bequeme Massanzüge
Eine Studie der California State University Northridge belegt, dass Männer in Anzügen klügste Entscheidungen treffen. Zudem bewirkt formelle Kleidung, dass wir uns mächtig fühlen und speziell bei jüngeren Männern beobachten Experten eine Gegenbewegung zum extremen Casual-Look. Viele würden wieder Wert auf ein formvollendes Outfit legen. Ein Label spezialisiert auf Massanzüge ist uns diesbezüglich besonders aufgefallen. Michele Lacovino ist Geschäftsführer von The Sartorialist. Wir fragen, was ihre Produkte einzigartig mache? «Das von Hand rein genähte Innenleben und die Spalla Camicia, eine super bequeme und anliegende Schulterpartie. Unsere Anzüge trägt man wie eine zweite Haut. Wir verkaufen unseren Kunden keine Rüstungen, sondern Anzüge, in denen sie sich wohl fühlen.» Am Sartorialist-Stand hängt ein Bild von Filmlegende und Stilikone Cary Grant. Lacovino: «Inspiration holen wir uns auch aus den 1940er-Jahren. Die Menschen haben sich damals bemüht, sich schön anzuziehen.»

Maniküre für ihn
Lucy Johnson von Nailsmith & Johnsonbietet als erstes Nagelstudio der Schweiz Manicure und Pedicure exklusiv für Männer. Ohne Lack. Mit Leder. Je nach Wunsch servieren Johnson und ihr Team in betont männlichem Ambiente Gin Tonic oder Bier. Johnson: «Man kommt nicht zu uns wegen Nagelverlängerungen oder für Farben. Es geht um die klassische Manicure und Pedicure. Männer mögen es kurz und die Form soll schön dem Nagelbett angepasst sein. Besonders beliebt ist die abschliessende Massage.»

Knitterfrei aus dem Koffer
Im Schnitt benötigen Männer 20 Minuten fürs Kofferpacken. Das ist zu lange, dachte sich Vielflieger und Couturier Bruno Grande und machte sich an die Entwicklung einer Kleiderkollektion, bei der jedes Stück mit dem anderen zusammenpasst. Entstanden ist das Label KA / NOA mit Produktionsstandort Italien. «Die Idee war es, das Know-how in Italien zu nutzen und die Wege kurz zu halten», erklärt Grande. Woher der Markenname KA/NOAkommt? «Der Name ist die Kombination unserer Kinder Kaia und Noah», gibt er als Antwort. Das Know-how hat Grande von seinem Vater. «Mit dem Namen wollte ich einen virtuellen Link zwischen meinem Vater und meinen Kindern herstellen, die sich leider nie kennengelernt haben.» Highlight der Kollektion ist das spezielle Reisejacket. Durch eine patentierte Technologie lässt es sich in den Koffer legen und knitterfrei entfalten. Der KA / NOA-Kragen der Popeline ist ebenso einzigartig: Er ermöglicht das perfekte Tragen eines Hemdes unter einem Pullover mit Rundhalsausschnitt. Grande findet: «Er sieht etwas aus wie ein Kanu, hinten etwas höher und vorne etwas schmaler.»

Alles für das Haar
Alles begann 2014 mit Öl für den Bart und Bartbalsam, produziert in der Schweiz mit 100 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen. Heute ist das Label Mootes ein Vollsortimenter für die Bart-, Haar- und Körperpflege mit stylischen Produktideen. Mootes-Gründer Daniel Peyer erklärt: «Die Dirty Boy Soap ist eine Seife mit Aktivkohle, und unsere neuen Mootes-Haarpomadendosen tragen Nummern. Die 53 ist angelehnt an den Käfer aus dem Film Herbie und die 20 an die Schweizer Formel-1-Legende Joe Siffert.» Besonders stolz ist Peyer auf die neue Nummer 13: «Sie ist in Zusammenarbeit mit einem Kollegen entstanden, der Time-Attack-Autorennen fährt. Er wollte etwas, was unter dem Helm hält. Deshalb haben wir eine Strong-Hold-Matt-Pomade entwickelt, die hält, was sie verspricht.»

Vor allem junge Männer leiden, wenn die Haare früh ausfallen. Viktoria D’Angelo von Scalp Swissaber sagt: «Haarverlust ist kein Schicksal.» Vor 15 Jahren hat sie mit Tätowieren angefangen und dann die Kopfhautpigmentierung entdeckt, mit deren Hilfe die Wirkung von vollerem Haar erzeugt werden kann. Die Nachfrage ist gut. Für zufriedenstellende Resultate sind zwei bis drei Behandlungen nötig.

Robuste Zimmerpflanzen
Männer sprechen mit Zimmerpflanzen. Das ergab eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung Deutschland (GfK). Es steigert ihr Glücksgefühl und entspannt. Bei Männerpflanze, einem Angebot von Fleurope, finden sich, wie uns Angela Michel aufklärt, unkomplizierte Pflanzen für den unkomplizierten Mann. Michel: «Der Mann will mit Pflanzen Akzente setzen, aber manchmal fehlt die Zeit für die Pflege. Wir haben 13 Pflanzen im Angebot und jede davon hat eine eigene Persönlichkeit.» Die Pflanze «William» ist Everybody’s Darling, «Charlie» sorgt für Glück und «Bruce», die Mutter aller Männerpflanzen, hat Stehvermögen.

Fürs starke Handgelenk
Die Brüder Louis und Victor Schwab verkaufen seit Anfang 2018 personalisierbare, in der Schweiz hergestellte Armbänder. Wie ist die Idee entstanden? Louis: “Unser Vater ist Erfinder des patentierten Verschlusssystems Harpoon. Das Wechseln ist kinderleicht.” Die Kollektion von Bracelet-Plus umfasst Armbänder aus Leder, Edelsteinen und Nylon. Als Verbindungsglieder gibt es Ballformen verschiedener Sportarten sowie individuell anpassbare Motive. Für die Man’s World haben die beiden Jurassier eigens eine All-Black-Edition kreiert. Louis: “Und pro verkauftem Armband wird einem bedürftigen Kind ein paar Schuhe geschenkt.”  

Mode für Kleckerer
Noser Fashion aus Vaduz hat mit einem funktionalen Hemd an der Man’s World Challenge Platz zwei gewonnen. Für Designliebhaber ist anderswo mehr zu holen. Für den funktional veranlagten Mann aber ist dieses Hemd ein Knüller. Co-Gründer Stefan Noser: “Ketchupflecken perlen dank Nanotechnologie ab und ins Garn eingearbeitete Silberpartikel halten das Hemd länger frisch. Es liegt bequem auf der Haut, ist super pflegeleicht und praktisch bügelfrei.” Die Noser-Hemden gibt’s im Online-Shop www.noser-fashion.com in Regular und Slim Fit für 139 Franken.

Für Uhrenliebhaber
Boris Kuijper ist gelernter Uhrmacher mit Stationen bei Bucherer und IWC: “Mit der Eröffnung der Watch Academy erfüllte ich mir einen Bubentraum.” Die Watch-Academy ist ein Uhrenseminar, wo die TeilnehmerInnen ihre eigene Uhr zusammenbauen. Man kriegt ein Kit mit den Teilchen und wählt dann unter jeweils verschiedenen Farben Zifferblatt, Zeiger, Gehäuse und Lederband aus. Boris führt die Academy mit seiner Frau Doris in Egnach am Bodensee. Ein Seminar dauert fünf Stunden und kostet inklusive Uhr 750 Franken.

Mode für Sportskanonen
QUS ist das weltweit erste, waschbare Smart-Textil. Entwickler und CEO Hannes Steiner: “Wir haben zwei textile Sensoren im Shirt integriert. Der eine misst die Atemfrequenz und der andere die Herzfrequenz.” Die Daten werden aufgezeichnet, in einem Chip verschlüsselt und automatisch in die QUS-Cloud geschickt. Zusätzlich sind im Chip ein GPS-Sensor, zwei Bewegungssensoren und eine Speichereinheit integriert. Steiner stolz: “Wir haben mit QUS den Red Dot Design Award 2018 gewonnen und für die Technologie den German Technology Award.” Der Preis setzt sich zusammen aus den je 149 Euro für Shirt und Chip. Das Shirt kommt im April in den Sportfachhandel. Vorbestellungen sind auf www.qus-sports.combereits jetzt möglich. 

Für Paradiesvögel
Yari Copt präsentiert an der Man’s World sein Label Old Captainund sagt: “Ich produziere Hemden im Tessin mit dem Design von jungen Schweizer Künstlern. Eine kleine Kollektion mit hoher Qualität. Alles Swiss Made. Die Muster sind froh und heissen Jungle, Bicycle oder Wind. Ich möchte mit meinen Hemden etwas Positives ausstrahlen. Die Leute lieben meine Hemden und das macht mich happy.” Hemden von Old Captain gibt es ab 200 Franken im Online-Shop auf oldcaptainco.com und in 25 Boutiquen. Oldcaptainco.com   

www.mansworld.com