Welche Branchen marschieren vorneweg?

Das Digitalisierungs- und Innovationsfieber grassiert in (fast) jeder Branche. Wie ist eigentlich der aktuelle Stand in der Schweiz? Die neusten Erhebungen und Studien datieren aus dem Jahr 2019, aber 2020 ist wegen der Covid-Pandemie so viel passiert, dass die Digitalisierung in manchen Branchen einen grossen Schub erhielt.

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt und bietet Herausforderungen, aber vor allem auch Chancen. Auf Bundesebene hat man deshalb besonders zwei Ziele im Fokus: Erstens soll die Bildung und Digitale (Anwendungs-) Kompetenz auf allen Ebenen noch stärker auf die in der digitalen Wirtschaft benötigten Kompetenzen und Kenntnisse ausgerichtet werden. Zweitens muss der Schweizer Arbeitsmarkt weiterhin die für die Nutzung der digitalen Transformation notwendige Flexibilität aufweisen. Die hohe Erwerbsbeteiligung und gute Qualität der Arbeitsverhältnisse sind dabei zu bewahren.

Die (digitale) Bildung soll also als die wichtigste Grundlage der digitalen
Wirtschaft gestärkt werden. Und so gehört die Aus- und Weiterbildungsbranche
– dazu gehören speziell auch die Erwachsenenbildung, die Berufsschulen,
die Höheren Fachschulen HF und Fachhochschulen, aber auch Ausbildungen in Digitaler Kompetenz – sicherlich zu jenen Branchen, die 2020 wegen der Corona-Pandemie stark profitieren konnten. Voraus gesetzt, die Anbieter / innen und Institute waren für den Paradigmenwechsel und für die neuen hybriden Unterrichtsformen bereit und technisch à jour. Da ging es insbesondere um Digital und Blended Learning und Unterricht mit neuen Lernsettings im virtuellen Raum.

Auch andere Branchen haben zugelegt. Einige hatten sich schon lange vor der Covid-19-Krise dem Thema verschrieben. Im Zuge der Smart- City- und Smart-Government-Bestrebungen haben natürlich auch das Bauwesen, die Haustechnik und die Branchen, die für die Basisinfrastrukturen arbeiten, viel in die Digitalisierung investiert. Auch im Bereich der Industrie 4.0 und – selbstredend – auch in der ICT-Branche ist Digitalisierung Programm.

Digitalisierung mit wesentlichem Einfluss auf den Strukturwandel
«Die Digitalisierung hat einen wesentlichen Einfluss auf den Strukturwandel
und das Wirtschaftswachstum. Gerade für ein ressourcenarmes Land wie die Schweiz ist es wichtig, die Chancen, die sich durch die Digitalisierung ergeben, bestmöglich zu nutzen. Um Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern, muss die Schweizer Volkswirtschaft gut für die bestehenden und kommenden Herausforderungen positioniert sein», schreibt das SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft). Folglich sei die Digitalisierung ein zentrales Thema des SECO. Die wirtschaftspolitisch wichtigsten Themenfelder der Digitalisierung: Arbeitsmarkt, Forschung und Entwicklung, Sharing-Economy, Digital Finance und Wettbewerbspolitik.

Das SECO hat dementsprechend im Auftrag des Bundesrates eine Umfrage
durchgeführt, um zu prüfen, wo die bestehende wirtschaftspolitisch relevante Gesetzgebung die Digitalisierung unnötig behindert oder wo sie durch die digitale Entwicklung redundant wird. Für die Umfrage wurden Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, diverse Unternehmen sowie Konsumentenschutzorganisationen
befragt. Die Umfrage war zudem via Internet auch weiteren interessierten Kreisen zugänglich. Die Rückmeldungen zur Umfrage zeigten, dass die digitale Wirtschaft in der Schweiz gute Rahmenbedingungen vorfinde, so das SECO in der ersten Stellungnahme. Bezüglich der Datenpolitik, der Revision des Datenschutzgesetzes oder des Fernmelderechts habe man bereits viel Vorarbeit seitens der Politik festgestellt. Aufgrund der Umfrage-Rückmeldungen hatte danach der Bundesrat beschlossen, Massnahmen zur Verminderung der Hindernisse bei den gesetzlichen Formvorschriften vertieft zu prüfen. Damit
sollen die Hürden für digitale Geschäftsmodelle weiter abgebaut und die
Rahmenbedingungen für die digitale Wirtschaft verbessert werden.

Das Ziel ist zudem, dass innovative Geschäftsmodelle ermöglicht werden
können und somit auch die Entstehung von neuen Erwerbschancen und flexibleren Arbeitsbedingungen.

Hinsichtlich der Entwicklung atypischer und atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse
seien gemäss SECO aktuell zwar keine Trends sichtbar. Es sei davon auszugehen, dass die Digitalisierung – wie der bisherige technologische Fortschritt – zu neuen Beschäftigungsmöglichkeiten und einem gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungsanstieg führen wird.

Aussagekräftiger «Digital.swiss Index»
ICTswitzerland – der Dachverband der ICT-Wirtschaft – lancierte bereits 2016 den ersten Index zum Monitoring der Digitalisierung in der Schweiz, der den Fortschritt der Digitalisierung in der Schweiz auf den Punkt bringen soll. Dieser ist in Zusammenarbeit mit 100 Experten entstanden. Anhand von über 60 Indikatoren wird der Stand der Digitalisierung in 15 Themenbereichen analysiert und in einer Scorecard zusammengefasst. Die daraus entstandene Plattform soll für Menschen mit aktuellen Projekten und Anlässen dazu inspirieren und aktivieren, die Digitalisierung der Schweiz voranzutreiben. Der Gedanke dahinter ist der gleiche wie bei allen anderen Aktivierungs- und Unterstützungsprogrammen in dieser Domäne: Die Digitalisierung wird immer stärker zur treibenden Kraft für Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Chancen dieser Transformation proaktiv zu ergreifen, ist wesentlich, um die Schweiz auch zukünftig als innovativen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort zu positionieren. ICTswitzerland hat in Kooperation mit Accenture zusätzlich noch eine interaktive Plattform geschaffen, die über den aktuellen Status und Fortschritt der Digitalisierung in der Schweiz informiert, aber auch das Potenzial für zukünftige Handlungsinitiativen aufdeckt.

Mit den besten Indexwerten für die Jahre 2018 und 2019 glänzen folgende Branchen (Indexwerte in Klammern, wir nennen die Top-12-Branchen): Basisinfrastrukturen (Indexwert 93 – inkl. Fest- und Mobilfunknetze sowie Datacenter), Branchen zur Unterstützung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit (77), die ICT Wirtschaft (67), Branchen zu Support und Errichtung der Digitalen Identität (55), Industrie 4.0, Mobilität, Öffentliche Hand und E-Government (alle 46), das Gesundheitswesen und die Energiewirtschaft (44), Forschung und Innovation, Sicherheit und Bildung (alle 41).

Digitalisierungs-Hype schon vor dem «Covid-Effekt»
Man kann die Tendenzen anhand verschiedener Branchen gut beobachten.
Die Weiterbildungsbranche hatten wir in den letzten Ausgaben schon einige
Male thematisiert. So wie auch die Industrie 4.0. In den letzten Jahren besonders ausgeprägt ist die Tendenz auch in der Baubranche. Unabhängig
vom «Covid-Effekt» im Jahre 2020. Das erstaunt nicht, wenn man bedenkt,
wie viel Geld und Zeit wert ist in dieser Branche und wie wichtig  Effizienzsteigerung und das Minimieren von Fehlplanungen und Leerläufen sind.
Und in dieser Branche setzt man immer mehr auf «Mixed Reality»

In der Haustechnik- und Baubranche drängen neue Technologien, digitale
Planungsmethoden und intelligente Baumaschinen die Unternehmen zum
Handeln. Das Thema «Digitales Bauen» ist allgegenwärtig. Die Branche
steht zwar für Qualität und Beständigkeit, doch etablierte Prozesse werden
immer öfter infrage gestellt. Die Zukunft gehört interdisziplinären Teams, die gewohnte Pfade verlassen und so die besten Lösungen finden.

Umsetzbare mixed reality im vormarsch?
Des Weiteren gehe es in der Baubranche noch explizit um globale digitale
Beschaffungsnetzwerke, um Augmented und Virtual Reality (auch für
Schulungszwecke oder in der Planungsphase eines Gebäudes), Simulationssoftware für Datacenter, intelligente Baustellenlogistik, Drohnen,
3-D-Laser und Bauroboter sowie 360° Building Analyzer. Immer mehr in den Vordergrund drängt in diesem Zusammenhang auch die Mixed Reality. Diese bewegt sich hauptsächlich auf einer zweidimensionalen, optischen Ebene. Die Vermischung von virtuellen und digitalen Inhalten gleicht dem bekannten Blick auf eine Projektionswand, einen Computerbildschirm oder das Display eines Smartphones. Nur bewegt sich die Bildgebung zum Beispiel bei Datenbrillen mit dem Kopf mit. Daraus ergeben sich einige Vorteile gegenüber altbewährten und auch zukünftigen Technologien: Handfreies Arbeiten wird möglich wie auch dauerhafter Zugriff auf die Informationen, die für die Arbeit wichtig sind. Man kann Darstellungen in eine Umwelt einbetten und voraus planen, wie beispielsweise ein Gebäude oder ein Gegenstand sich in die unmittelbare Umwelt einfügt oder einfügen wird. Hologramme und Digitale Zwillinge helfen Unternehmen schon heute dabei, bestehende Tätigkeiten effizienter auszuführen oder gänzlich neue Wege einzuschlagen. Der grosse Unterschied zur Virtual Reality: Mixed Reality bildet das gesamte Spektrum zwischen der physischen Welt, in der wir leben, bis hin zur vollständig digitalen Welt ab. Das Spektrum reicht dabei von Virtual Reality (VR) bis hin zu Augmented Reality (AR), der
erweiterten Realität. Virtual Reality ist eine gänzlich virtuelle Realität, in der Elemente der physischen Welt miteinbezogen werden können – beispielsweise
Handbewegungen mithilfe von Controllern. In der Augmented Reality werden digitale Elemente in die physische Welt eingeblendet. Für die Umsetzung brauche es – so sagen die Expertinnen und Experten – sogenannte Digital Leader, um neue Prozesse und Denkkonzepte anzustossen und das Digitalisierungspotenzial maximal auszuschöpfen.

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