Sportstadt Winterthur – Vier gewinnt

Interview mit Jürg Hofmann von Mark Seeholzer

Vogelperspektive: Noch befindet sich der Sport- und Gesundheitsbusinesspark WIN4 im Bau.

Am 18. August 2018 eröffnet in Winterthur nach zwei Jahren Bauzeit WIN4: die erste Etappe des ehrgeizigen Neubauprojekts mit professionellen Strukturen für Leistungs- und Breitensport, ein Treffpunkt auch für Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft.

Winterthur ist eine Sportstadt. Eigentlich. Leistungsbezogen sind drei Mannschaften sogar nationale Spitze: die Unihockeyclubs Red Ants Rychenberg der Damen und HC Rychenberg
der Herren sowie das Herrenhandballteam von Pfadi Winterthur. Doch in Sachen Infrastruktur war Winterthur lange Zeit keine Komfortzone. Das Stadion Schützenwiese, die «Schützi» ist Spielstätte des Challenge-League-Clubs FC Winterthur und hat vor allem Kultcharakter, auch wegen der legendären Sirup-Fankurve. In der letzten Dekade wurde das Stadion zum Teil renoviert, doch die Sanierung der Haupttribüne wurde aus Kostengründen zurückgestellt. Die Unihockey-Teams spielen in drei verschiedenen Winterthurer Hallen, je nach Kapazität und Auslastung. Ebenso Pfadi Winterthur – der Club veranstaltete seine Playoff-Halbfinal- und -Finalspiele 2017 / 18 in der Zielbau Arena. Diese
Eissporthalle, Heimat des EHC Winterthur, ist die einzige moderne Arena für Spitzensport in Winterthur. Dies ändert sich mit WIN4.

Das Projekt
Hinter der Winterthurer Zielbau Arena, beim Sportpark Deutweg, entsteht WIN4. Der Sport- und Gesundheitsbusinesspark liegt auf einer circa 20’000 Quadratmeter grossen Parzelle, nur drei Kilometer südwestlich des Stadtzentrums. Das Herzstück bildet eine moderne Ballsportarena, umgeben von einer Gewerbeliegenschaft mit sportaffiner Mantelnutzung. Geplant hat den Bau das Architektenbüro EM2N Architekten AG. Mit der Stadt Winterthur hat WIN4 einen Baurechtsvertrag von 60 Jahren abgeschlossen, mit zwei Verlängerungsoptionen von je 15 Jahren. Weiter besteht ein Anspruch auf zusätzliche Landoption von rund 5 000 Quadratmetern für mögliche Erweiterungen. Eine Mitte März 2015 gegründete Winterthurer Investorengruppe finanziert den Bau. In der ersten Bauetappe werden die Ballsportarena mit Fassungsvermögen 2 000 Sitzplätze sowie der Sporttrakt 1 mit 5 000 Quadratmetern Fläche realisiert. Baubeginn war im Sommer 2016. Das gesamte Bauvolumen beträgt rund 36 Millionen Franken; die Finanzierung kommt von Privat, man ist im Budget. In einer weiteren Bauetappe entsteht eine multifunktionale Trainingshalle, und weitere Bauten sind in Planung.

Mission und Vision
WIN4 setzt mit seiner Ausrichtung für die Sportstadt Winterthur über deren Grenzen hinaus einen Benchmark. Spitzen- und Breitensport profitieren vom ganzheitlichen Angebot. Die lokalen Indoor-Sportvereine sowie Nationalmannschaften werden sich dank der modernen Sportarena und Mantelnutzung im Gesundheitsbereich entwickeln und profilieren. Neue Arbeitsplätze entstehen. Die Unterstützung der Stadt Winterthur ist ein Bekenntnis zu Innovation, zur Sportförderung, Jugend und Ausbau des Wirtschaftsstandortes Winterthur. Doch auch Kultur und Wirtschaft gewinnen mit WIN4.

Auf vier Säulen zum Erfolg
Das Neubauprojekt beruht auf dem Vier-Säulen-Prinzip Sport, Gesundheit, Ausbildung und Events. Im Sportbereich garantieren optimale Trainingsmöglichkeiten und eine moderne Arena im Indoor-Ballsport hervorragende Wettkampfbedingungen für Sportler und Zuschauer. Im Bereich Gesundheits- und Health-Management ist WIN4 das Zentrum für Sport- und Allgemeinmedizin, für Radiologie, Sportorthopädie, -traumatologie und -hypnose – mit Leistungsdiagnostik- und Rehabilitationszentren, einem grossen Fitness- und SPA-Bereich.

Im Gebiet Ausbildung fördert die Olympia-zertifizierte Sportschule Spitzensportlerinnen und -sportler mit der Sportacademy Winterthur. Die neue Organisation will mit Know-how und zusätzlichen interdisziplinären Trainingseinheiten die Vereine in der Entwicklung ihrer Talente unterstützen. Zwölf Sportvereine aus der Region Winterthur profitieren von der ganzheitlichen Leistungsentwicklung. Als ehrenamtlicher Leiter der Sportacademy engagiert sich Paddy Kälin, Sportmoderator und -redaktor beim Schweizer Fernsehen (SRF). Sein leistungssportlicher Background ist Fitnesstrainer und Turn- und Sportlehrer ETH, mit hoher Affinität zum Handball. Die K & S Schule Winterthur, welche Kunst- und Sportausbildung kombiniert, ist ebenfalls bei WIN4 eingemietet. Die Säule Events steht zum einen für die einzigartige Infrastruktur der Arena, welche es möglich macht, Sport auf moderne und emotionsgeladene Art und Weise in Szene zu setzen. Sportveranstaltungen werden für die Zuschauer zum besonderen Erlebnis. Zudem bietet auch der multifunktionale Eventbereich der VIPLounge Platz für 300 Gäste.Nutzbar für verschiedenste Veranstaltungen in den Bereichen Sport, Wirtschaft, Politik und Kultur.

«Geschäftsführer»: Jürg Hofmann, Sie sind einer der Hauptinitianten von WIN4, seit 2014 Präsident von Pfadi Winterthur Handball. Ist WIN4 in erster Linie ein Winterthurer Handballzentrum?
Jürg Hofmann: Mitnichten. Die WIN4-Arena steht auch anderen Indoor-Ballsportarten wie Unihockey zur Verfügung. Die beiden Unihockey- Spitzenclubs HC Rychenberg der Herren und Red Ants Rychenberg der Damen werden die Trainings- und Spielmöglichkeiten von WIN4 nutzen. Weiter ist WIN4 das erste Unihockey-Leistungszentrum der Schweiz. Die Schweizer Unihockey-Nationalmannschaften werden hier regelmässig trainieren.

Die Motivation der Initianten für WIN4 war demnach der Sport?
WIN4 beruht auf vier Säulen, den vier Bereichen Sport, Gesundheit, Ausbildung und Events. WIN4 ist ein Leistungs- und Trainingscenter für den Sport. Mit einer Kunst- und Sportschule sowie einer Sportacademy setzen wir neuste Standards. Doch ebenso haben Kultur, Politik und Wirtschaft ihren Platz und die Möglichkeit, Events durchzuführen. WIN4 ist also nicht nur auf Sport fokussiert. Initiiert und finanziert wird WIN4 von privaten Investoren aus Winterthur, welche in und mit der Stadt und Region Winterthur aufgewachsen sind, eine enge Beziehung haben. Unsere Motivation? Mit WIN4 möchten wir
Winterthur danken, der Stadt quasi etwas zurückgeben und uns revanchieren für all das Schöne, welches wir mit Winterthur erleben und erlebt haben.

Welches ist Ihre persönliche Motivation und Ambition?
Ich bin mit Herzblut Winterthurer – wie alle treibenden Kräfte bei WIN4. Bei mir steht der Sport im Vordergrund, wo ich Winterthur zu Dank verpflichtet bin. Und mir liegen alle Winterthurer Sportvereine am Herzen. Ich war Fussballer beim FC Winterthur, schaffte es in den 1980er-Jahren bis in die damalige Nationalliga B.

Publikumssport gestern und heute – da hat sich doch sicherlich einiges verändert.
Das Spiel soll im Mittelpunkt stehen, nach wie vor. Doch Sport ist heutzutage auch Event. Man muss den Zuschauerinnen und Zuschauern Komfort und Modernität bieten. Mit WIN4 lösen wir uns im Indoor-Sport endlich vom miefigen Turnhallen-Image. Darüber freue ich mich sehr, da werden wir alle einen grossen Schritt nach vorne machen, auch im Branding und in der Vermarktung der Sportvereine.

Aber Winterthur war doch schon immer eine Sportstadt?
Diese Wahrnehmung kommt von aussen und täuscht. Winterthur ist in erster Linie eine Kulturstadt, die Bedeutung des Sports ist nicht so immens. Auch deswegen ist es für viele Sportvereine finanziell eng; ohne grosses persönliches Engagement von Sportlern, Staff, offiziellen Mitarbeitenden, Helferinnen und Helfern funktioniert nichts. Mit WIN4 bekommt der Sport in Winterthur nun mehr Gewicht, mehr Emotionen, bessere Trainings und
Spielmöglichkeiten. Dieser Schub wird sich mittel- und langfristig auswirken – mit sportlichen Erfolgen, in der Professionalität betreffend Auftritt und Wahrnehmung sowie Sponsoringmöglichkeiten.

In der Schweiz, vor allem in der Stadt Zürich, stossen Grossprojekte wie WIN4 zumeist auf heftigen Widerstand vonseiten der Bevölkerung wie Politik.
Da bin ich schon stolz auf die Winterthurerinnen und Winterthurer, auf unsere Stadt. Alle waren von Anfang an kooperativ, das Projekt stiess auf verhältnismässig geringen Widerstand. Und diese Bedenken konnten wir rasch und positiv zerstreuen. Es ist bemerkenswert, wie gut und unkompliziert die Winterthurer Behörden mit uns zusammenarbeiten wie sie WIN4-Projekt unterstützen.

WIN4