Fahrt aufgenommen

Von Georg Lutz

Stefan Liebler als Geschäftsführer mit dem Team der FinanceStrat GmbH.

Die digitalen Transformationsprozesse verändern auch die Geschäftsmodelle der Treuhandbranche und das in mehrfacher Hinsicht. Zunächst geht es um die schnellere Kommunikationsprozesse und Datenaustausch zwischen Kunden, Berater und Banken. In diesem rahmen seigen die Erwartungen der Kunden an eine bessere Servicequalität. Gleichzeitig gibt es aber auch die Möglichkeit, das eigene Geschäftsmodell besser zu schärfen. Dazu braucht es für das operative Arbeiten digitale Plattformen für Kunden. der Folgende Beitrag beruht auf einem Hintergrundgespräch mit Stefan Liebler von der Financestrat GmbH.

Wie in anderen Branchen wälzt die Digitalisierung auch in der Treuhandbranche die Geschäftsmodelle und die dahinter liegenden Prozesse um. Allerdings gilt auch hier, theoretische Herausforderungen werden nicht sofort in die Praxis umgesetzt. So sind wir von einem papierlosen Büro, das uns schon vor zehn Jahren von IT-Expertinnen und -Experten prophezeit wurde, noch weit entfernt. Wer heute ein Treuhandbüro betritt,
sieht immer noch sehr viele klassische Ordner. Trotzdem der Trend ist erkennbar: Papierbasierte, manuelle Transaktionen – und damit letztendlich ganze Prozesse – werden immer häufiger durch digitale und automatisierte Transaktionen ersetzt. Die Abwicklung von Geschäftsprozessen erfolgt bei Treuhändern zukünftig in einem digitalen Wertschöpfungs-Netzwerk mit eng zusammenarbeitenden Partnern. Hier stellt sich folgende
Frage: Wer ist daran beteiligt? Zunächst sind es der Treuhänder und seine Kunden selbst. Dann gibt es aber auch externe Akteure wie Notariate, Banken und Steuerbehörden, die hier zuarbeiten und last but not least braucht es im Hintergrund passende Software- und Hardwarelösungen. Heute können diese im Rahmen einer Online-Plattform gebündelt werden.

Die Kernprozesse umfassen bei den Treuhändern insbesondere die Bereiche Erfassung, Verarbeitung, Analyse & Entscheid sowie Output. Geschäftsdokumente, Daten und Informationen müssen erfasst werden, damit sie in einem weiteren Schritt verarbeitet werden können. Am Schluss geht es dann um den Output, sprich Dokumente, die benötigt werden.

Beispiel Online-Plattform
Schauen wir uns diese Prozesse an einem Beispiel genauer an. Es geht um die Kundenplattform FinanceStrat. Hier haben Kunden des Treuhänders die Möglichkeit, ihre Aktiengesellschaft oder ihre GmbH online zu ändern. Es geht um Namen, Zweck, Sitz und Adresse, die Revisionsstelle oder Personalangaben. Spielen wir den Vorgang an einem Beispiel durch. Nehmen wir an, es geht um die Lutz GmbH, die in die Lutz Bodenleger
GmbH umbenannt wird, da es einen neuen Partner gibt und das Bodenlegen neuer Geschäftsmittelpunkt ist. Meist ist dies auch noch mit einem Umzug verbunden.

Klassischerweise vereinbart man einen Termin beim Treuhänder. Er bereitet die Dokumente vor. Dann geht man meist noch zum Notar, wo diese Urkunden dann notariell beglaubigt werden. Diese müssen dann noch an entsprechende Ämter verschickt werden. Heute kann man die ganzen Vorgänge online zu Hause abwickeln. Stefan Liebler fasst die neue
Situation so zusammen: «Der Vorteil unserer Plattform ist es, dass alles in Ruhe zu Hause am Computer geändert werden kann. Der Kunde muss also nicht zu einem Treuhänder ins Büro und danach zum Notar in die Kanzlei – er kann alles online erledigen –, die Zahlung
tätigen und er erhält alle Dokumente am selben Tag per Mail zur Unterschrift geschickt.»

Diese Umstellung war kein natürlicher Prozess. Sie erfolgte auch vor dem Hintergrund des Handlungsdrucks, der sich aus dem klassischen Geschäftsalltag ergibt. Stefan Liebler betont: «Wir hatten die gleichen Probleme wie alle Treuhänder, man findet eine Vorlage nicht oder sie ist nicht aktuell. Das führt zu Fehlerquellen. Zusätzlich gibt es immer wieder Personalmutationen, welche zu Know-how-Verlusten führen. Diese Fehlerquellen wollten wir eliminieren und so viel wie möglich automatisieren.»

Nun gibt es aber noch weitere Gründe, online mithilfe einer Plattform aktiv zu sein. Das betrifft zum Beispiel die Aktiengesellschaften. Bis zum 1. Mai 2021 müssen alle Aktiengesellschaften in der Schweiz ihre Inhaberaktien in Namensaktien gewechselt haben! Hierzu eignet sich die Nutzung der Online-Plattform von FinanceStrat GmbH perfekt mit nur wenigen Klicks hat der Kunde den Prozess dazu angestossen und alles Nötige wird in der Folge von den Experten der FinanceStrat in die Wege geleitet.

Digitale Vorteile
An diesem Punkt stellt sich die Frage, welche Prozesse im Hintergrund ablaufen. Der Treuhänder bekommt die entsprechende Änderung in seinem Back-End. Das erstellt automatisch die notwendigen Dokumente. Die muss der Treuhänder dann nur noch prüfen. Alle betreffenden Dokumente werden automatisch generiert und abgeschickt. Der Kunde retourniert diese. Dann kommen einige zum Notar. Stefan Liebler führt aus: «Der Prozess bleibt genau gleich, aber der Kunde bewegt sich nicht. Wir als Dienstleister gehen für ihn zum Notar. Das muss in einigen Fällen trotzdem gemacht werden.» Das Online-Vorgehen hat für den Kunden offensichtlich einige Kosten- und Zeitvorteile.

Die Prozesse hinter den Online-Aktivitäten und der Plattform brauchen eine Softwarelösung. FinanceStrat setzt hier auf die Software der NAVIS AURELIS Swiss Enterprises GmbH. Diese hoch komplexe Software agiert für den Kunden im Verborgenen, da sie die meisten Dokumente vollautomatisch erstellt und verschickt.

Potenziale für die Zukunft
Immer noch müssen die Verantwortlichen in vielen Fällen klassisch beim Notar persönlich erscheinen. Das ist ein Bohren von ganz dicken Brettern. Seit vier Jahren diskutieren die Beteiligten, untereinander und mit dem Gesetzgeber, dass es bei Statutenänderungen eigentlich keinen Notar mehr benötigen sollte. Stefan Liebler lehnt sich hier aus dem Fenster: «Das wird höchstwahrscheinlich in den nächsten zwei Jahren geändert und abgeschafft. Unser Portal bekommt dann noch mehr Bedeutung. Das Potenzial nach oben ist auf jeden Fall da, weil die Beteiligten, auch in fast allen anderen Lebensbereichen Digitalisierung gewohnt sind», betont Stefan Liebler abschliessend.

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