Let`s go celebrate!

Wolf Wagschal, sagen Sie uns doch etwas zu Ihrer Person. Wo kommen Sie her, was ist Ihr Beruf?
Ich komme ursprünglich aus Kanada. Meine Eltern kommen zwar aus der Schweiz, sind aber irgendwann nach Kanada ausgewandert. Ich war es dann, der wieder in die Schweiz zurückgekommen ist. Studiert hatte ich zuvor an der Cornell und auch an der Harvard University. Mein MBA und mein Doktorat habe ich an der Schweizer European University erworben. Aber auch auf einer bekannten Schweizer Hotelschule war ich zunächst Student und habe mein Wissen später als Gast-Professor an die Studenten weitergeben können. Meine Leidenschaft für die Gastronomie habe ich schon recht früh entdeckt: Schon mit 14 habe ich in verschiedenen Restaurants gearbeitet, mit 20 war ich bereits Geschäftsführer. Das Studium, das ich mir durch verschiedene Nebenjobs komplett selbst finanziert habe, kam für mich erst danach. Ich habe mich dann nach und nach hochgearbeitet, die ersten höheren Führungs- und CEO-Positionen hatte ich so mit 26 oder 27 Jahren inne. In der Schweiz war ich unter anderem für Kramer Gastronomie, Candrian Catering und Autogrill tätig.

Sie waren einer der Gründer der FIVE AG. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Die Five AG in ihrer früheren Form – noch vor kurzem waren wir insgesamt fünf Partner – gibt es heute ja nicht mehr. Angefangen hat aber alles so: Einer meiner Freunde hat mich damals gefragt, ob ich mich denn nicht bald einmal selbständig machen wolle. Ich hielt das aber erstmal noch für keine gute Idee, fühlte mich noch nicht so weit, auch die richtigen Partner fehlten noch. Irgendwann haben wir aber dann die richtigen Leute zusammengebracht. Wir waren fünf Freunde und haben erstmal ein Restaurant nach dem anderen aufgemacht – im Nachhinein betrachtet vielleicht auch das eine oder andere zu viel. Zuerst den Club zum Rennweg, dann das Rive Gauche; später haben wir noch die Stapferstube da Rizzo übernommen, die Rebe Herrliberg, die Rüsterei und andere. Wie es aber halt so ist zwischen Partnern, gehen die Meinungen dann auch hin und wieder auseinander. Auch wenn die meisten unserer Restaurants nach wie vor gut laufen, haben wir uns jedenfalls irgendwann entschieden, jeweils eigene Wege zu gehen und alles ordentlich liquidiert.

Und was machen Sie dann jetzt gerade?
Vor etwa drei Jahren, also nach dem Ende der Five, habe ich meine eigene Firma gegründet, WW Worldwide Hospitality. Mit ihr investieren wir in verschiedene Management-Konzepte und sind auch beratend tätig. Auch am Hotel Baur au Lac bin ich auf Basis eines Management-Vertrags beteiligt, ich bin Kooperations-Partner für das Rive Gauche und die Rive Gauche Terrasse. Mein altes Restaurant Posthaus in St. Moritz, das ich seinerzeit auch selber gestaltet habe, habe ich an einen Freund aus St. Tropez weitergegeben. Allerdings habe ich auch hier noch einen Management-Vertrag, ebenso für den Club zum Rennweg. Das bedeutet, ich kümmere mich von Anfang um alle Belange des Hauses, «from start to finish» sozusagen, also vom Bau über das Design und das Food-Konzept bis hin zu den Mitarbeitern. An meinem derzeitigen Projekt, Yoomoo Frozen Yoghurt, bin ich mit 46% finanziell beteiligt. Wir haben zwei Locations in Einkaufszentren, sowie eine mobile Unit. Aber auch hier gibt es noch Expansionspotenzial, man muss nur abwarten, bis in interessanten Shopping-Centren wieder etwas frei wird. Was unsere Beratungstätigkeit angeht, kooperieren wir beispielsweise mit der Immobilienfirma Mobimo. Wir entwickeln für diese jeweils neue Konzepte und versuchen, diese auszuschreiben.

Yoomoo Frozen Yoghurt ist also das einzige Unternehmen, an dem Sie finanziell beteiligt sind. Läuft das Geschäft gut, haben die Schweizer das Konzept angenommen?
Doch, ich kann nicht klagen! Ich wollte der Erste sein, der Frozen Yoghurt auf den Schweizer Markt bringt. Deshalb verhandelte ich mit dem aktuellen europäischen Marktführer auf diesem Gebiet, der in Londoner Kaufhaus Harrods mit einer ersten Niederlassung gestartet war und heute fast auf der ganzen Welt anzutreffen ist. Mit der Zeit wurde mir es immer wichtiger, im Restaurant-Gewerbe nur noch auf Basis von Management-Verträgen, das heisst vor allem beratend, zu arbeiten, da es ein sehr schnelllebiges, stressiges und oft auch unlukratives Geschäft ist. Viele neu eröffnete Läden müssen nach kurzer Zeit wieder schliessen. Auf meiner jetzigen Schiene fahre ich ganz gut, wir sind stolz, für Premium-Kunden wie Michael Käfer aus München arbeiten zu können. Nicht zuletzt habe ich heute mehr Freizeit als früher, da ich nicht mehr von Restaurant zu Restaurant rennen muss.

Gibt es denn bei Ihnen derzeit auch neue spannende Projekte?
Ja, mehrere. Für eines davon suche ich gerade, zusammen mit einem Investor dem Soho House London, nach einer interessanten Immobilie in Zürich. Auch mit zwei anderen weltberühmten internationalen Brands aus London bin ich zur Zeit in Verhandlungen über ein Joint-Venture in Zürich, kann dazu zum jetzigen Zeitpunkt aber leider noch nichts Genaueres sagen. Dann berate ich derzeit noch zwei Investoren, die den Club Indochine gekauft haben. Dafür haben wir bereits zusammen ein cooles High-End-Asian-Restaurant-Konzept mit Privatclub entwickelt, das im Herbst gestartet wird. Was die Zukunft angeht, denke ich gerade über ein veganes High-End-Konzept nach. Nicht unbedingt rein vegane, aber gesunde Ernährung wird sich, da bin ich sicher, auch langfristig als gutes Geschäftsmodell erweisen. Es soll auch kein rein veganes, sondern ein cooles Restaurant mit ca. 70% vegan/vegetarischen und 30% Bio-Fisch- und Bio-Fleischgerichten werden. Ich finde, das ist eine spannende Sache, im Rive Gauche bieten wir jetzt auch mehr für Veganer und Vegetarier an. Meine Verlobte ist übrigens auch Veganerin, das heisst, auch ich esse viel und gerne fleischlos. Natürlich nehmen die Eröffnungsevents und andere Veranstaltungen, in die ich involviert bin, auch viel Zeit in Anspruch. Über die Jahre habe ich mir natürlich ein grosses Netzwerk aufgebaut, das ich ständig pflegen und erweiteren muss. Auch in der nächsten Zeit stehen einige wunderbare Events auf dem Programm. So sind wir z.B. stolz unsere Kitchen Party in der Baur au Lac im Rive Gauche (die von unseren Küchenchefs an ihrem Arbeitsplatz und Discomusik begleitet wird), auf unsere alljährlich stattfindende Street Parade sowie auf unsere neunte Rive Gauche Summer Party, die mittlerweile eine Kultveranstaltung ist und zu der wir über 1000 eingeladene VIPs erwarten. Ich liebe es einfach, Events zu veranstalten, vor allem wenn die Feedbacks hinterher positiv ausfallen und man sich in seiner Arbeit bestätigt fühlt.

Wissen Sie denn mehr über den Club Baur au Lac, wird der nicht gerade umgebaut?
Nein, bin nicht involviert aber das ganze Gebäude wird bald für über 10 Millionen CHF saniert. Aber der Club Baur au Lac hat ja mit dem Hotel Baur au Lac eigentlich nichts mehr zu tun. Es wird auch in Zukunft wieder ein Member-Club sein, der eben weiterhin diesen Namen tragen wird.

Was ist ihr Erfolgsgeheimnis?
Wissen Sie, ich habe meine Doktorarbeit über das Thema «emotionale Intelligenz» geschrieben, sie trägt den Titel «The Key to Effective Project Management». Wichtig für meinen Führungsstil ist es, sehr offen und persönlich mit meinen Mitarbeitern umzugehen, auch wenn es sehr viele sind. Alle angehenden oder gemachten Manager sollten daher das Buch «Emotionale Intelligenz» meines ehemaligen Professors Daniel Goleman lesen. Ferner ist es meiner Meinung nach wichtig, bei der Zusammenarbeit mit Investoren – gegen die ja prinzipiell gar nichts spricht – die Oberhand zu behalten. Schliesslich bleibt die ganze Arbeit am Ende an einem selber hängen. Mein Motto lautet seit vielen Jahren: «We create lifetime guests – das ist nicht nur eine Floskel, sondern das versuche ich zu leben. Ich möchte immer, dass meine Gäste glücklich und zufrieden nach Hause gehen und ich setze alles daran, dies immer wieder zu erreichen. Ich liebe es, Hand anzulegen und mit gutem Beispiel voranzugehen.

Meinen Sie, dass mangelnde emotionale Intelligenz der Führungspersonen auch der Grund dafür ist, dass so viele Restaurants oft schnell wieder schliessen müssen?
Ja, das spielt sicherlich auch eine Rolle. Heutzutage ist es aber auch wichtiger denn je, dass man aktiv und umtriebig ist. Man muss sich zu vermarkten wissen und viel Leidenschaft mitbringen. Ein gutes Beispiel ist hier Jamie Oliver: Er hat mehrere Restaurants, bietet Kochkurse an, schreibt Kochbücher und hat mittlerweile seine ganz eigene Lebensmittel-Produktpalette. Er ist also seine eigene Marke. Vielen Restaurants mangelt es heute an innovativen Konzepten, das heisst, sie haben letztlich keinen Stil, keine Corporate Identity, keine Homepage usw. Es reicht einfach nicht mehr aus, gut zu kochen und eine attraktive Immobilie zu haben. Gut kochen kann man schliesslich auch zu Hause!

Vor dem Hintergrund Ihrer langjährigen Erfahrung im Gastro-Gewerbe: Was raten Sie Gastronomie-Neulingen, die darüber nachdenken, einen neuen Laden zu eröffnen?
Zunächst sollte man zusehen, dass abzüglich der Miete sowie den hohen Personal- und Produktkosten am Monatsende auch noch etwas übrig bleibt, eine gute Kalkulation ist also unabdingbar. Mit Drei-Gänge-Menüs zum Preis von 30 CHF ist das schlicht nicht machbar! Wer heute ein neues Restaurant eröffnen will, muss das professionell angehen, sich mit den richtigen Leuten zusammentun, Standortanalysen vornehmen usw. In Zürich einen neuen Italiener aufzumachen macht beispielsweise schlicht keinen Sinn, da es bereits hunderte davon gibt. Man braucht also speziellere Restaurants, etwas Innovatives, Junges und Dynamisches. Man muss «out of the box» denken und auch manchmal etwas riskieren, selbst wenn die Leute einen erst einmal für verrückt erklären. Als ich damals die Rüsterei in Sihlcity aufgemacht habe, haben mich die Leute für verrückt erklärt. Aber für mich gilt: Sei einzigartig!

Was war Ihr grösster Fehlentscheid?
Die Geschichte mit der Five AG hätte – im Nachhinein betrachtet – sicherlich besser laufen könne, wenn wir dass Ganze etwas langsamer angegangen wären. Aber man macht eben immer wieder Fehler im Business. Dennoch: Insgesamt bin ich mit meinen abgeschlossenen Projekten sehr zufrieden. Das Rive Gauche läuft seit neun Jahren sehr erfolgreich und spielt im oberen Segment mit. Auch die Rüsterei und die Stapferstube da Rizzo, die wir inzwischen verkauft haben, haben sich sehr gut entwickelt. Die langjährige Praxis-Erfahrung ist das wichtigste im Geschäft, das lernt man an keiner Uni. Und aus Fehlern lernt man ja bekanntlich auch immer etwas. Neulich habe ich etwas Interessantes gelesen: Ein hochdekorierter US-Navy Admiral sprach mit seinen Studenten über das Leben im Allgemeinen. Er berichtete, dass er in jungen Jahren immer sehr früh aufstehen und – auf akkurateste Weise – sein Bett machen musste. Für ihn wurde diese scheinbar unbedeutende Tätigkeit am Morgen zur einer Lebensphilosophie. Nur, wer auch die kleinen Dinge des Alltags mit viel Engagement und Hingebung bewältigt, kann sich irgendwann grösseren Aufgaben widmen. Und auch wenn man mal einen schlechten Tag hatte: Das Bett zuhause ist auf jeden Fall gemacht. Wenn Du also die Welt retten willst, beginne damit, morgens Dein Bett zu machen – und keiner kann dich mehr stoppen!

Was denken Sie, warum sind Sie Unternehmer geworden?
Ich denke, dass ich von Natur aus eine relativ starke Persönlichkeit habe. Das hat mir wohl mein Vater mit in die Wiege gelegt, der ebenfalls sein ganzes Leben lang Unternehmer war. Nachdem ich über 20 Jahre lang für andere Leute Restaurants aufgebaut und entwickelt habe, habe ich mich eben irgendwann gefragt: Warum machst Du das nicht einfach mal selber? Irgendwann war dann die Chance da, und ich habe sie ergriffen.

Was bedeutet für Sie Luxus?
Nicht so viel. Im besten Fall wird man gesund geboren und stirbt irgendwann gesund, auch wenn die Wahrscheinlichkeit hierfür nicht sehr hoch ist. Ich brauche keine grosse Villa und auch keinen Privatjet. Mir ist es vor allem wichtig, zusammen mit meiner Familie ein gutes und harmonisches Leben zu führen. Deshalb versuche ich auch immer, ein guter Arbeitgeber zu sein und meinen Geschäftspartner und Lieferanten gegenüber fair und loyal zu sein. Im Idealfall geht man dann gemeinsam durch gute wie schlechte Zeiten und hilft sich auch in Notsituationen gegenseitig aus. Freiheit und Unabhängigkeit sind mir wichtiger als Reichtum. Nachdem ich die Five AG aufgelöst hatte, kamen einige internationale Unternehmen und Headhunter auf mich zu und ich stand vor der Entscheidung, mich wieder – wenn auch in einer Führungsposition – anstellen zu lassen, oder selbständig zu bleiben. Aber ich wollte das nie und will auch heute nichts Anderes als das, was ich mir selbst aufgebaut habe.

Worüber können Sie sich ärgern?
Ich finde es oft schade, dass – gerade in der Schweiz – viele Leute den Anderen ihren Erfolg nicht gönnen. In anderen Ländern freut man sich eher für den Anderen wenn er z.B. ein gutes Geschäft gemacht hat und sich dann ein neues Auto leistet. Für mich ist es ganz normal, dass man dann sagt: «Hey super, let`s go celebrate!». Das Leben ist dazu da, um es zu geniessen! Aber auch in solchen Situationen ist es dann wichtig, denn Kopf nicht in den Sand zu stecken und weiterhin hart zu arbeiten. Der Erfolg stellt sich dann wieder von ganz alleine ein!

Was wollten Sie denn als Kind werden, hatten Sie sowas wie einen Traumjob?
Ich bin auf einer Ranch in Kanada aufgewachsen, mein Vater war Architekt und ein bekannter Viehzüchter. Ich habe mich daher schon früh für schöne Gebäude und Design interessiert. In der zweiten Hälfte meines Lebens versuche ich nun zunehmend, auch diese Aspekte in meine berufliche Tätigkeit zu integrieren. Noch in diesem Jahr werde ich aller Voraussicht nach – zusammen mit einem guten Freund von mir – eine Firma gründen, die international aufgestellt sein wird und Gastro-Betriebe mit Möbeln und allem, was sie brauchen, beliefern soll. Die Konditionen sind sehr gut, ich freue mich schon darauf!

Wie erholen Sie sich vom Stress?
Ich habe immer zwischen fünf und zehn Projekten gleichzeitig laufen, eine gute Organisation und entsprechende Ruhephasen sind also enorm wichtig. Ich stehe immer sehr früh auf und gehe erst spät ins Bett, erholen kann ich mich dann etwa bei Gartenarbeiten, beim Laufen in der Umgebung, beim Golfen oder beim täglichen Meditieren. Sie müssen wissen, ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch. Wenn ich also etwa merke, dass ich zugenommen habe, stelle ich auch schon einmal meine Ernährung um und lebe eine Zeit lang fast vegan. Auch Entschlackungskuren wie zum Beispiel das Detox-Verfahren von F.X. Mayr kann ich nur jedem empfehlen. Im Viva Mayr am Wörthersee lässt es sich – ohne Handy und Emails – richtig gut entspannen, und gleichzeitig kann man noch etwas Gutes für seine Gesundheit tun.

Welche Persönlichkeit hätten Sie schon immer gerne einmal getroffen?
Ich muss sagen, dass ich durch meinen Beruf und meine weltweiten Tätigkeiten bereits viele interessante und bekannte Persönlichkeiten treffen durfte. Ich hatte in meinem Leben aber auch immer wieder wichtige Mentoren, etwa John Mariani, Milliardär und Gründer von Castello Banfi (Toskana), zu dem ich eine langjährige freundschaftliche Beziehung pflege. Auch Milliardär Jimmy John Liautaud von Jimmy John`s Sandwiches muss ich hier erwähnen – ebenfalls ein Entrepreneur mit Herz und Seele und guter Freund, der sich ein Imperium mit über 2000 Betrieben aufgebaut hat und die derzeit am schnellsten wachsende Gastro-Kette der USA besitzt. All das hätte ich aber letztlich nicht ohne meinen Vater erreicht, der für mich sicherlich die wichtigste Figur in meinem Leben war.

Wenn Sie nochmal ganz von vorne beginnen könnten: Würden Sie etwas anders machen?
Das ist eine spannende und schwierige Frage! Aber ja, vielleicht hätte ich schon nach meinem ersten Studium – ich war seinerzeit ja bereits ein erfolgreicher Junior-Manager – den Mut zur Selbständigkeit haben sollen. Aber ich habe das ja dann ein paar Jahre später realisiert – it`s never to late!